historische Luftfahrt mit
Ballonen

Geschichte der Luftschiffe
Kaum jemand dürfte die Namen der Entdecker der Möglichkeit mit 'Gegenständen leichter Luft' zu fliegen (die Bezeichnung, mit Ballons zu fahren, wurde erst viele Jahre später eingeführt) nicht kennen, - die Brüder Joseph Michel Montgolfier (1740 - 1810) und Jacques Étienne Montgolfier (1745 - 1799). Joseph und sein Bruder Jacques stammten aus einer alten Papiermacherdynastie in Annonay, südlich Lyons, und waren als Hoflieferanten des französischen Königs wohlhabende Bürger, die sich problemlos Forschungsaufgaben widmen konnten.

Wie viele geschichtliche Ereignisse der Zeiten, in denen mündliche Überlieferung noch vorherrschten, ist die Geschichte zum Anstoß der Erfindung vielleicht nur eine hübsche Geschichte.

Nach der überlieferten Geschichte brachte ein Zufall die Lösung. Die Ehefrau von Joseph hatte einen leichten Unterrock vor dem Kamin zum Trocknen aufgehängt, als eine Windboe in den Schornstein fuhr und den heißen Rauch aus dem Kamin ins Zimmer blies. Dort sammelte er sich zum Teil unter dem Rock und hob in bis an die Zimmerdecke, von der der Rock dann wieder herabschwebte. Sicher ist das nur eine Erzählung, denn der seinerzeit bereits 42-jährige Joseph hatte sich vor diesem 'Vorfall' bereits so lange mit Flugversuchen mit Ballonen beschäftigt, dass es der beschriebenen Anregung nicht mehr bedurfte.

Der Traum vom Fliegen war seit Jahrtausenden latent.
Aber Josephs Vorstellungen unterschieden sich grundsätzlich von denen seiner Zeitgenossen, die sich am Vogelflug orientierten.

Joseph betrachtete den Flug der Wolken und stellte sich vor, eine solche Wolke einfach in eine Hülle mit Korb zu stecken und mit der Wolke mitzuziehen.
Er beobachtete den Rauch, der zum Himmel stieg und vom Wind davon getragen wurde. Das waren seine Vorbilder, die er versuchte, mit menschlichen Möglichkeiten nachzuahmen. Was er nicht wusste war, dass es die heiße Luft war, die emporstieg und zusammen mit dem mitgerissenem Ruß den Rauch bildete. Dass Ruß und Wasserdampf, die bei Verbrennung mit aufstiegen, nur die aufsteigende Luftblase sichtbar machten, für den Auftrieb aber unnütz waren. Sie waren sogar schädlich, denn Wasserdampf, der an den Innenwänden kondensierte und Ruß, der sich dort ablagert, beschwerten den Ballon unnütz und wirkten dem Auftrieb der heißen Luft entgegen.

Nach Josephs Vorstellung entstand bei der Verbrennung ein neues Gas, das leichter als Luft war und daher nach der vom griechischen Physiker Archimedes (287-212 vor Christus) gefundenen Gesetzmäßigkeit Auftrieb in der Luft erfuhr und emporstieg.

Ein tragfähiges Gas hatte der Engländer Henry Cavendish bereits 1766 entdeckt, den Wasserstoff. Dieser war seinerzeit allerdings sehr teuer und nur aufwändig in geringen Mengen produzierbar.
Dennoch beschaffte sich Joseph Montgolfiere Wasserstoff und machte damit Versuche, die allerdings fehlschlugen. Wasserstoff ist nicht nur 14 mal leichter als Luft, sondern eben auch leichter flüchtig, weil es aus kleineren Molekülen besteht, die recht schnell die von Joseph aus Papier und Seide gefertigten Ballonhüllen durchdrangen.

Montgolfiere setzte seine Versuche daher wieder mit Rauch fort. Und um so mehr stinkender und dunkler Rauch entstand, um so näher glaubte er sich an seinem Ziel. Und tatsächlich gelangten ihm Aufstiege kleiner Papierballons, die er über von ihm entsprechend seiner Vorstellung gestaltete Feuerquellen hielt.
Joseph weihte seinen Bruder Jacques ein und begeisterte diesen für seine Ballonversuche.

Gemeinsam bauten sie immer größere Ballone aus Papier und aus mit dichtem Papier ausgekleidetem Leinen, die immer größere Höhen erreichten.
Im Juni 1783 fertigten sie schließlich einen 33 Meter großen Ballon an, dessen Aufstieg sie öffentlich ankündigten. Sie bauten den Ballon über einem Feuergerüst auf. In dem Feuer verbrannten sie nasses Stroh und Tierkadaver, um einen möglichst 'effektiven Rauch' zu erzielen. Der unbemannte Ballon stieg ca. 2000 Meter hoch und landete dann sanft im ca. 2-3 km entfernten Nachbarort.

Selten in der technischen Geschichte wird ein Gedanke nur von einem Menschen gedacht. Die Zeit ist irgendwann einfach reif für die Idee, weil schlicht irgendwann durch hinweisende Grundlagenerfindungen so viele Mosaiksteine des Wissens zusammengekommen sind , dass viele in der Lage sind, das Puzzle der Lösung fertigzustellen.

Nach dem Erfolg der Brüder Montgolfiere wurden ihre Experimente in ganz Frankreich und in der Wissenschaftswelt bekannt. Zeitungen berichteten darüber. Aber die Berichte waren aus technischer Sicht so falsch wie die Vorstellungen der Montgolfieres. Sie berichteten, dass es den Brüdern gelungen sei, ein Gas herzustellen, das leichter als Luft sei und sich daher eignet, Ballone flugfähig zu machen.

Die Pariser Akademie der Wissenschaft beauftragte daher Professor Jacques Alexandre César Charles (1746 - 1813), das Experiment der Brüder Montgolfiere in Paris nachzuvollziehen. Da Wasserstoff zu dieser Zeit das einzige Gas war, von dem bekannt war, dass es leichter als Luft ist, war sich Professor Charles sicher, dass die Brüder für ihren Versuch nichts anderes als Wasserstoff verwendet hatten.
In Paris wurde, was die Brüder Montgolfiere nicht wussten, von den Tuchmacherbrüdern Robert gummiertes Leinen produziert. Professor Charles lies sich in deren Werkstatt einen Ballon mit 4 Meter Durchmesser fertigen, nur einen Bruchteil so groß wie der Ballon der Brüder Montgolfiere, aber dennoch wegen des geringen spezifischen Gewichts des Wasserstoffes weitaus tragfähiger als deren Heißluftballon.

Nach vielen Problemen, die die Füllung des Ballons mit Wasserstoff verursachte, startete Professor Charles seinen Gasballon, den er Globe getauft hatte, am 27. August 1783 von der Stelle in Paris, an der heute der Eifelturm steht, vor zahlendem Publikum. Der Ballon verschwand schnell aus dem Blickfeld der Zuschauer und landete ca. 25 km von Paris entfernt. Erschreckte Dorfbewohner, die den Ballon für ein teuflisches Lebewesen hielten droschen und stachen auf den Ballon ein und machten ihm so den Garaus.
So waren, ohne es zu wollen, 1783 zwei verschiedene Ballonarten erfunden worden, die es noch heute gibt, und die heute nach deren Erfinder benannt sind. Der Heißluftballon 'Montgolfiere' und der Gasballon, die 'Charliere'.
Aber noch war noch nie ein Mensch mit einem Ballon geflogen.

So schnell sollte das auch nicht geschehen. Der König von Frankreich, Ludwig XVI (1754 - 1793) bestellte die Brüder Montgolfiere nach Paris, um deren Erfindung begutachten zu können und läutete damit einen regelrechten Wettkampf der beiden Systeme ein.
Schon am 12. September 1783 hatte Jacques Montgolfiere, der alleine gekommen war, in Paris einen Ballon für eine Vorführung vor der Französischen Akademie der Wissenschaft produziert. Als der Ballon bereit zu Abheben war, ergoss sich allerdings ein Gewitter über Paris, das den Papierballon so aufweichte, dass er infolge des Auftriebsdrucks im Ballon zeriss.
In nur 4 weiteren Tagen baute Jacques mit seinem Team einen 12 Meter dicken und 17 Meter hohen Ballon und bemalte ihn mit prächtigen Dekorationen.

Am 19.September wurde dieser Ballon, an dem bereits ein Korb angehängt war, zum Schloss des Königs nach Versailles transportiert. Der Aufstieg, bei dem ein Schaf, ein Huhn und eine Ente im Korb als Passagiere mitreisten, gelang planmäßig, und der Ballon landete nach einem Flug in ca. 500 m Höhe wieder nach dreieinhalb Kilometer. Allerdings stellte die 'Bodenmannschaft' nach der Landung fest, dass ein Flügel des Huhns verletzt war. Man schloss daraus, dass eine Luftfahrt nicht ganz ungefährlich sei. Als dann Jacques den Erfolg der Stunde nutzte und den König bat, das Experiment wiederholen zu dürfen und dieses Mal einen Menschen mitfliegen zu lassen, versagte Ludwig XVI den Wunsch mit Hinweis auf die ungeklärten Gefahren.

Schließlich willigte der König ein, als Passagier einen zum Tode verurteilten Verbrecher zur Verfügung zu stellen, dem er für den Fall, dass er die Fahrt überlebte, eine Begnadigung zusagen wollte.
Gegen diese Vorstellung wandte sich nun die Akademie der Wissenschaften, in dem sie argumentierte, dass es ja eher wahrscheinlich sei, dass ein Mietflieger den Ballonaufstieg heil übersteht, was letztlich ja auch der Versuch mit den Tieren bewiesen habe. Auch die Flügelverletzung könne ja durchaus dadurch entstanden sein, dass das Schaf das Huhn während des Fluges versehentlich getreten habe.
Würde der Verbrecher nun aber, was höchst wahrscheinlich sei, den Flug überleben, so käme die Ehre Frankreichs, den ersten Menschenflug erreicht zu haben, ausgerechnet aus der Hand eines verurteilten und ehrlosen Mörders.

Pilatre de Rozier, 26 Jahre alt und Mitglied der Akademie bot sich an, als Passagier mitzufliegen. Ein Freund von diesem, Marquis Francois Lauren d'Arlandes, schloss sich dem Wunsch an. Beiden gelang es schließlich mittels des Einflusses, den der Marquis bei Hof hatte, den König umzustimmen.

Sich des historischen Ereignisses bewusst, ließ Joseph einen aufs prächtigste dekorierten riesigen Ballon anfertigen, der statt des Korbes, wie der vorherige, unten eine Feuerstelle mitführte. Damit konnte der Ballon während des Fluges 'mit neuem Gas' versorgt werden und ähnlich der Charliere, eine größere Strecke zurücklegen.
Für die Passagiere baute er nun einen 'Balkon' rund um den Ballonhals.

Ab dem 15. Oktober machte Pilatre de Rozier mit diesem Ballon als Fesselballon mehrere Probeaufstiege, wobei er eine Höhe von 100m erreichte. Alle Tests waren im Prinzip erfolgreich verlaufen, und Joseph Montgolfiere brachte den Ballon daraufhin am 20.11.1873 zum außerhalb von Paris liegenden Schloss la Muette.

Am 21. November 1783 kam der historische Moment. Kurz nach 13 Uhr hob der prächtige Ballon mit den beiden Aeronauten von der Feuerstelle ab und zog majestätisch mit dem Wind in knapp 100 Meter über Paris und landete nach 8km Fahrt sicher
Was von unten so friedlich aussah, war in dem Korb teils von hektischen Mühen und größter Angst gezeichnet. Mehrfach musste mitgeführtes Stroh in den Feuerkorb geworfen werden, um eine Kollision mit Gebäuden zu vermeiden. Gleichzeitig brannte das offene Feuer aber auch einige gefährliche Löcher in die leicht entflammbare Hülle, so dass die Luftfahrer mit dem mitgeführten Wasser ständig löschen mussten. Aber, das Wagnis gelang, und der erste Menschenflug machte die beiden Piloten und die Gebrüder Montgolfiere weltberühmt.

Während Robert Montgolfiere die Entwicklung seines Ballons eher empirisch vorangetrieben hatte, plante Professor Charles seinen Gasballon systematisch. Nach dem ersten unbemannten Aufstieg eines seiner Ballone erkundete er erst, welche Voraussetzungen ein bemannter Ballonflug zusätzlich erfordern würde.
Versuche zeigten ihm, dass ein völlig geschlossener Ballon in größerer Höhe platzt. Grund dafür ist, dass mit steigender Höhe die Luftdichte abnimmt. Auf den Ballon daher von außen immer weniger Druck wirkt, wodurch sich der Ballon immer mehr ausdehnt. (Diesen Effekt haben später Wetterballone und Messballone der Artillerie gezielt genutzt, damit die Messonde nicht weit davonfliegt, sondern deren Ballon nach Erreichen einer bestimmten Höhe platzt und dessen Hülle mit Sonde an einem Fallschirm wieder in Nähe des Aufstiegsortes zur Erde sinkt.).
Professor Charles befestigte am Unterteil des Ballons einen schlauchartigen Fortsatz, der dem Füllen diente und unten offen blieb. So konnte das Gas nicht direkt austreten, aber bei ansteigendem Innendruck dort entweichen. Zugleich konstruierte er im Scheitelpunkt des Ballons ein Ventil, das durch ein durch den Ballon geführtes Seit zu bedienen war, um gezielt Gas ablassen und damit Flughöhe und Landepunkt bestimmen zu können. Um wieder Höhe gewinnen zu können, nahm er von vornherein Ballast in Form von Sand mit, den er dann nach und nach abwerfen konnte, um den Ballon zu erleichtern und wieder an Höhe zu gewinnen. Zur Messung der Höhe installierte er ein Barometer im Ballonkorb. Alles in Allem erfand er das Prinzip der Ballonfahrerei, wie sie bis heute betrieben wird.

Nur 10 Tage nach dem Aufstieg der Montgolfiere war auch der neue Ballon von Professor Charles startbereit. Er war mit 8m Durchmesser einen Bruchteil so groß wie die Montgolfiere. Aber er war bis ins kleinste Detail durchdacht. Ausreichend Ballast hielt ihn am Boden. Nach einer Ehrung, die Professor Charles dem zuschauendem Joseph Montgolfiere zukommen lies, bestieg er mit seinem Partner Noel Robert (einer der Tuchmacherbrüder, die die Ballons für Professor Charles bauten) den Ballonkorb, warf Ballast ab und stieg langsam mit seinem Ballon auf. Zur Feier des - wie er erwartete - erfolgreichen Fluges, hatte er Sekt mit an Bord. Nach 43 km gleichmäßiger Fahrt landeten sie den Ballon mangels Gas problemlos auf einer Wiese. Als der Ballon sich nach Ausstieg von Noel Robert wieder erhob, entschloss sich Professor Charles alleine weiterzufliegen. Dabei erreichte der Ballon eine Höhe von 3000 Metern. Erst als es längst dunkel war landete Professor Charles den Ballon durch Ablassen von Gas erneut. Professor Charles war somit der erste Mensch, der einen Alleinflug in einem Ballon durchführte.

Die Gebrüder Montgolfiere führten 1784 noch einen größeren Flug mit 7 Personen an Bord durch. Unter ihnen waren auch Pilatre de Rozier und Joseph Montgolfiere, der seinen ersten und einzigen Aufstieg unternahm. Dieser endete beinahe in einer Katastrophe. Der 38 Meter hohe, schon am Boden durch Brand beschädigte Ballon zeriss in 900m Höhe vor den Augen eines hunderttausendköpfigen Publikums und stürzte zu Boden. Allerdings bremste die Hülle den Fall derart, dass keiner der Passagiere wirklich verletzt wurde. Nur um dem Ende vorzugreifen, Pilatre war somit nicht nur der erste Mensch, der jemals flog, sondern auch in der Gruppe der ersten Menschen, die mit einem Ballon abstürzte.

Auch wenn die Versuche der Gebrüder Montgolfiere in allen Staaten der damals technisierten Welt nachvollzogen wurden, gehörte der Luftraum bezüglich Ballonen für die nächsten knapp 150 Jahre den sich als zuverlässiger und leistungsfähiger erwiesenen Charlieren.
Die Brüder Montgolfiere selbst verloren ihr Interesse an der Ballonfliegerei. Joseph verwirklichte noch eine Erfindung Leonardo da Vincis (1452 - 1519), indem er den ersten Fallschirm praktisch und erfolgreich erprobte. Zudem erfand er mit dem 'hydraulischen Widder' eine erste hydraulische Hebevorrichtung, bzw. Wasserhebeanlage, deren Technik noch heute mancherorts genutzt wird. Jacques wurde hoher Verwaltungsbeamter.

Hingegen begannen nun Wissenschaftler mithilfe von Gasballonen den Luftraum zu erforschen. Die ersten Fernflüge mit Charlieren fanden statt. Napoleon gründete 1794 das erste Luftschiffer-Regiment der Welt, die Compagnie d'Aerostiers. Ihre Aufgabe war es, in Fesselballonen die Bewegungen des Feindes zu beobachten und an die Feldherren weiterzumelden. Sie meldeten zudem, in wie weit die eigenen Artilleriegeschosse ihr Ziel erreichten oder neben den Zielen lagen. Der Einsatz von Fesselballonen, Beobachtungsballonen oder Ballonsperren reichte bis in die Zeit des 2. Weltkrieges.

Mit dem militärischen Einsatz von Ballonen Ende des 18ten Jahrhunderts stellte sich jedoch erstmals die Frage nach den Qualifikationsvoraussetzungen eines Luftschiffers.
Das Militär wollte seine wenigen und kostbaren Ballone ja möglichst effektiv einsetzen und nicht durch Fehler der Piloten verlieren oder gar bei Freiflügen durch falsche Ortsbestimmungen samt den Erkundungsprotokollen in die Hände der Gegner fallen lassen. Er sollte in der Lage sein, notfalls vor feindlich besetzten Gebieten zu landen oder sie vollständig zu überfliegen, bzw. durch Wechsel in eine andere Höhenströmung so weit es möglich war, gezielten Einfluss auf die Flugrichtung nehmen zu können. Ein Ballonflieger, bzw. Luftschiffer sollte daher die Navigation beherrschen und in der Lage sein, auf den damaligen Landkarten, auf denen nur große Straßen und Städte eingezeichnet waren, zu jeder Zeit seinen Ort bestimmen zu können.
Die Ballone schwebten wie Schiffe im Luftmeer über Land. Sie waren Luftschiffe und deren Navigation funktionierte nicht anders, als die Navigation eines treibenden Schiffes auf dem Wassermeer. Was lag näher, als Navigationsoffiziere der Marine als Luftschiffer zu übernehmen und mit der Ausbildung von Ballonfliegern zu betrauen. Pardon, ab jetzt heißt es Ballonfahrer, denn mit der Marinenavigation trat die gesamte Marinesprache in die Welt der Ballone. Ein Schiff fährt auf dem Wasser und ab sofort fuhren auch die Ballone auf dem Luftmeer.
Man stelle sich die Luft in lauter einzenlen vertikale Schichten vor. Je weiter eine solche Schicht von der Erde entfernt ist, um so leichter ist die Luftsäule, die sich noch über ihr befindet. Dadurch werden die Luftmoleküle mit zunehmender Höhe weniger dicht aneinander gepresst. Mit steigender Höhe befinden sich somit in jedem folgenden Qubikzentimeter Luft weniger Moleküle, was nichts anderes bedeutet, als das die Luft mit wachsender Höhe leichter wird. In irgendeiner Höhe tritt dann der Zustand ein, dass das Außenvolument des Ballons genau die Menge an Luft verdrängt, deren Gewicht dem der Gasfüllung zuzüglich des Gewichts der Ballonhülle entspricht. In dieser Höhe fährt der Ballon auf seiner spezifischen Luftschicht nach exakt dem gleichen Prinzip, nach dem ein Schiff auf dem Wasser fährt. Es ist sogar exakt das Prinzip, nach dem ein Uboot unter Wasser fährt, sofern es keine zusätzliche Kraft einsetzt. Das Prinzip hatte bereits Archimedes erforscht (Archimedes 287 - 212 vor Christus, Archimedischer Taucher). Das Uboot-Prinzip, nämlich bei der Höhensteuerung sowohl das Archimedischen Prinzip als auch die aus der Fahrt gewonnenen Auftriebskräfte einzusetzen, verwendet heute das wohl modernste je gebaute Luftschiff, der Zeppelin NT. Streng genommen hat nach obiger Definition sein Fahren mehr mit Fliegen zu tun, denn sein gesamte Rumpf und die Steuerruder werden bei Fahrt Flugzeugflügeln gleich zur Erzeugung von Auftrieb genutzt. Ohne den durch seine Motoren erzeugten Vortrieb würde das Luftschiff auf dem Boden bleiben, da seine Gasfüllung ihn zwar leicht macht, aber nicht vom Boden abhebt.

Logisch ist der Sprachgebrauch der Ballonfahrer daher nur, wenn man dessen historischen Zusammenhang kennt, denn ein Fesselballon fliegt, weil er keine Fahrt macht. Also genau dann, wenn er sich nicht wie ein Flugzeug fliegend horizontal bewegt und anders als ein Freiballon nicht von der ihn umgebenden Luftmasse mitgeführt wird, sondern eher wie ein Flugzeug von der ihn umgebenden Luftmasse umströmt wird. Wird er jedoch als Freiballon mit der Luftmasse mitgenommen, so fährt er. Hingegen würden in diesem Falle ein Luftschiff oder richtiges Schiff führerlos treiben und umgangssprachlich ein Kinderballon fliegen.
Fahren bedeutet ansonsten nämlich, sich von seinem unmittelbar tragenden Element durch Einsatz von Kraft zu entfernen. Also ein Schiff oder Luftschiff fährt gleich einem Auto, wenn es seine unmittelbare Umgebung mittels Krafteinsatzes hinter sich lässt, anstatt in ihr zu ruhen. Auch wenn sich die Umgebung bewegt. Denn sonst müsste man sich ja auch fragen, ob ein stehendes Auto fährt, weil sich seine Umgebung mit der Erde beständig drehend bewegt?
Man könnte schlicht sagen, hätte nicht die Marine die Ballonfahrt nutzbar gemacht, so würden Ballone heute fliegen, so fahren sie eben.

Schon ganz zu Beginn der Ballonfliegerei erkannte man das Problem, dass Ballone nicht wirklich fahren, sondern als Gesellen des Windes kaum Einfluss auf Fahrrichtung und Fahrtstrecke nehmen zu können, wie das fahrende Schiffe auf dem Meer tun( Text aus Naturkundebuch 1869). Es wurden Versuche unternommen, Ballone mittels Segel, ja sogar vorgespannte Enten als Zugtiere, Ruder etc. in eine vorgesehene Richtung zu zwingen. Lange Zeit vergeblich, bis dann kurz vor 1900 die ersten lenkbaren Luftschiffe entwickelt wurden.

Seit den 80er Jahren des 20ten Jahrhunderts erleben die Montgolfieren eine neue Renaissance. Leichte Kunstgewebe und Pressgasflaschen mit leistungsfähigen Brennern haben das Fahren mit Heißluft zu einem ungefährlichem Hobby werden lassen. In manchen Regionen kann man allabendlich mehrere Heißluftballone in verschiedenen Formen über das Land fahren sehen. Ihr Motto 'Glück ab - gut Land' haben sie ebenso aus der Geschichte der Ballonfliegerei übernommen, wie den Brauch, Ballonfahrer mit Sekt zu taufen und in den Adel zu erheben. Dabei verbinden die heutigen Ballonfahrer bezüglich des Sekts und Sands der Ballonfahrertaufe auf einen Adelsnamen die Geschichte der Charliere mit der der Montgolfiere.
Nur soll die Taufe auf den Adelsnamen in Erinnerung an den ersten Ballonpiloten der Welt Pilatre de Rozier auf keinen Falle bedeuten, ihm nachzustreben. Pilatre war nicht nur der erste Mensch, der sich mit einem Ballon in die Lüfte erhob (1783], Mitflieger des ersten abgestürzten Ballons und damit auch mit erster Überlebender eines Ballonabsturzes [1784], sondern auch der erste Mensch, der mit einem Ballon tödlich verunglückte. Das war 1785, als er versuchte, mit der Kombination eines Gas- und eines Heißluftballons als erster Mensch den Ärmelkanal in der Luft zu überqueren. Mit einem Ballon, dessen obere Hälfte mit dem hochexplosivem Wasserstoff gefüllt war, während sich unter der unteren Hälfte das offene Feuer des Brenners befand. Wie von Pilatre vorgeahnt explodierte der Ballon in 1500m Höhe noch über der französischen Küste.

© horst decker



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